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Die Bahn in Nordenham

(von Helmut Reins)

 

Betriebsabläufe zwischen Nordenham und Blexen    

(aufgeschrieben aus der Erinnerung heraus an meine Kindheit in Friedrich-August-Hütte, Fotos aus Privatbesitz und der Sammlung des MEC Nordenham)

 

Zwischen Nordenham und Blexen gab es mehrere Stationen: Nordenham, Kabelstraße, Friedrich-August-Hütte, Werftstraße, Einswarden und Blexen (Endstation und Fährbahnhof der Fähre nach Bremerhaven)

 

Fahrdienstleiter gab es in Nordenham, in Einswarden und in Blexen

 

Nordenham besaß 3 Stellwerke,

 

Stellwerk Süd für den Bereich Richtung Bremen,

Foto: S.Bolte/MEC Nordenham

 

 

 Stellwerk Mitte zuständig für den Bahnhofsbereich und Stelle des Fahrdienstleiters,

 Sammlung MEC Nordenham

 

 

Stellwerk Nord für den Bereich Richtung Blexen

 

Kabelstraße und Werftstraße waren Haltepunkte, Friedrich-August-Hütte (FAH) war ein Haltepunkt mit Anschlussgleisen für  die Werke Felten, Preussag, Guano (Ausweichanschlussstelle).

 

     

FAH Bahnsteig und Anschluss zur Preussag                           FAH von der Straße aus

 

 

FAH Sperre

 

       

 

 FAH neues Gebäude                                      Vater vor Dienstraum und Sperre

 

Vater am Fahrkartenschalter

 

 

Weitere Bilder von FAH

 

 

Einswarden war ein Bahnhof mit Einfahr- und Ausfahrsignalen und einem Anschlussgleis nach „Weserflug“(später MBB, Deutsche Airbus, heute Premium Aerotec) und zu einem größeren Handwerksbetrieb.

Blexen war Endbahnhof mit Ein- und Ausfahrsignalen, einer Drehscheibe, Anschlussgleisen für Petroleum Tanklager, Gutehoffnungshütte (Dockbau) und  später zum Titan-Werk. Die Gleisanlagen in Blexen lagen außendeichs und waren damit vom Hochwasser gefährdet.

     

Deichschaart Blexen mit Bahnhof (Stadtarchiv Nordenham)        Drehscheibe in Blexen mit VT 95  (Sammlung MEC Nordenham)

 

 

Weserfähre in Blexen

 

 

Es verkehrten auf der Strecke ca. 15 Zugpaare für Personenverkehr, sowie einige Güterzüge am Tag.

 

 

Dabei fuhren die Personenzüge morgens um 6.33 Uhr und mittags um 12.25 Uhr als Dampflok bespannte Züge Tender voraus von Nordenham nach Blexen. Im Fahrplan 1962 bestanden die Züge aus der Dampflok BR 55 mit einem Packwagen und 4 Personenwagen (Donnerbüchsen und/oder Abteilwagen).

 

Ansonsten waren VT 95 (Motorwagen/Beiwagen),

 

  wie hier kurz vor Großensiel,

Sammlung MEC Nordenham

 

manchmal auch als doppelte Garnitur (Motorwagen / Beiwagen / Beiwagen / Motorwagen), als Fahrzeuge eingesetzt. Bei Doppeltraktion saß der 2. Triebwagenführer hinten im hinteren Motorwagen und beschleunigte und bremste von dort mit. Die Verständigung erfolgte über Summer per Knopfdruck.

 

 

Später kamen auch der VT98,

Sammlung MEC Nordenham

 

 

der ETA 515/815,

 

und kurz vor Stilllegung des Personenverkehrs, Ende der 70er Jahre noch der 624(hierzu ein Filmausschnitt) zum Einsatz, zunächst in roter Farbgebung,

 

 aber auch blau/beige,

    

sogar auch gemischt wurde gefahren.

 

Die lokbespannten Züge wurden später, ab ca.1965 auch schon mal von BR38 mit Wannentender, nach Ablösung der BR 55 überwiegend von V100

 

   

(Sammlung MEC Nordenham)

 

und 216 gezogen.

Statt der alten Personenwagen kamen neuere dreiachsige und später auch grüne Eilzugwagen zum Einsatz.

 

Einige Züge nach Blexen wurden in Nordenham eingesetzt, die meisten Züge verkehrten von Hude oder auch von Bremen bis Blexen. Zurück fuhren ebenfalls die meisten weiter nach Bremen, manche ab Nordenham als Eilzug.

 

An Werktagen, morgens gegen 8.30 Uhr und nachmittags gegen 15.30 Uhr fuhren Güterzüge nach Blexen, sie rangierten in Friedrich-August-Hütte, in Einswarden und in Blexen. Die Rückfahrt der Güterzüge erfolgte mittags zwischen 11.15 Uhr und 12.00 Uhr, sowie abends um ca. 18.15 Uhr. Der Abendgüterzug rangierte nochmals in Friedrich-August-Hütte (F-A-H) und zog nicht selten Güterzüge mit  bis zu 80 Achsen nach Nordenham.

Bespannt waren sie in der Regel mit BR 55,

 

Sammlung MEC Nordenham

 

später V100

  

 

 

oder V60.

 

 

Es kamen gelegentlich auch die T3   89 7536, die 89 7538 , sowie B- und C-Kuppler der Midgard zum Einsatz:

 

Zusätzlich zu den Güterzügen gab es noch eine Sperrfahrt zwischen 11.15 Uhr und 12.00 Uhr von Nordenham bis F-A-H, meistens, um Felten und Guilleaume (Schalter- und Motorenbau) mit zwei, manchmal drei G-Wagen zu versorgen. Hierfür kamen V20, V36 oder die Köf nach  F-A-H.

Manchmal nahm diese Lok auch einige Güterwagen wieder mit zurück nach Nordenham. Meistens wurden aber nachmittags von der zu Felten und Guilleaume gehörenden kleinen Diesellok ein bis zwei, manchmal sogar drei Waggons vom Feltengelände zum Anschlussgleis der Metallwerke Unterweser (heute Xstrata) rangiert. Von dort nahm der abendliche Güterzug die Waggons mit nach Nordenham. Wenn der Rangiervorgang der Feltenlok stattfand, ertönte von der Lok eine Signal, mein Vater, der den Haltepunkt Friedrich-August-Hütte bediente, schloss die Schranken am Helgoländer Damm und an der Hüttenstraße, und die Feltenlok drückte ihre Waggons über beide Bahnübergänge und über die Sielbrücke ins Anschlussgleis der Metallwerke. Zur Rückfahrt ertönte nochmals ein kurzes Signal der Feltenlok, und die Leerfahrt zurück zum Feltenanschlussgleis konnte durchgeführt werden.

Bei der Feltenlok handelte es sich um die Lok Windhoff 499 , die auf der Seite www.rangierdiesel.de zu finden ist. 

 

Ab Ende der 70er Jahre rangierte sogar nachmittags eine V200 mit dem Güterzug in F-A-H.

 

Filmausschnitt mit V200 in FAH

 

 

 

Zum Dienstablauf

 

Klingelzeichen an den Kurbeltelefonen:

Stellwerk NmF:   .  .  _____  .  (kurz – kurz – lang – kurz)

Stellwerk Nord:   .  _____    (kurz - lang)

Kabelstraße:       _____  .  ______   (lang – kurz – lang)

F-A-H:                 .  .  _____  _____  (kurz - kurz - lang – lang)

Werftstraße:       .  _____   _____   (kurz – lang – lang)

Einswarden:       _____   ______     (lang – lang)

 

Die Züge wurden per Telefon bei den Haltepunkten angemeldet, zunächst mit einem Sammelruf (3x langes Klingelzeichen) , bei dem sich alle Dienststellen von Stellwerk Nordenham-Nord bis Einswarden gleichzeitig meldeten und über die Abfahrt des Zuges in Nordenham unterrichtet wurden.

Der Bedienstete in Kabelstraße schloss daraufhin seine Schranken. Bei Durchfahrt des Zuges beim Stellwerk Nord erhielt Kabelstraße nochmals ein Klingelzeichen und eine optische Meldung.

Fuhr der Zug in Kabelstraße Richtung F-A-H ab, verständigte der Beamte telefonisch den Bediensteten in F-A-H (kurz - kurz - lang - lang), woraufhin von diesem die Schranken in F-A-H (zwei Bahnübergänge: Helgoländer Damm und Hüttenstraße) geschlossen wurden.

 

 

Nach Abfahrt in F-A-H wurde der Bedienstete in Werftstraße per Telefon informiert (kurz - lang - lang) und dieser schloss die Schranke an der Werftstraße.

Alle Schranken wurden mittels Kurbel von Hand geschlossen und geöffnet.

 

Auf allen Haltepunkten wurden Fahrkarten verkauft und auch Fahrplanauskunft erteilt. Alles wurde jeweils von einer Person erledigt, in F-A-H von meinem Vater.

 

Rangieren in FAH

 

Für Sperrfahrten und für Güterzüge wurde der „Block“ von den Fahrdienstleitern in Nordenham und Einswarden nach F-A-H gegeben. Der Zugführer des Zuges brachte einen Schlüssel mit. Mit einem Schlüssel aus dem Block-Gerät und dem Schlüssel des Zugbegleiters konnten an einem zweiten Schlüsselkasten die Weichenschlüssel freigegeben (abgezogen) werden, mit denen dann die Weichen am Weichenschloss der Weiche aufgeschlossen werden konnten. Erst danach ließ sich die Weiche mit dem Weichenstellhebel bedienen.

 

Vor Abfahrt des Zuges nach Nordenham bzw. nach Einswarden mussten alle Weichen zurückgestellt und verschlossen werden, die Schlüssel wieder in den Weichenschlüsselkasten gesteckt und verschlossen werden, der eine Schlüssel kam zurück in den Block und anschließend wurde durch Drehen einer Kurbel der Block nach Nordenham und Einswarden zurückgegeben (verriegelt). Den anderen Schlüssel nahm der Zugbegleiter wieder mit. Somit konnten in F-A-H keine Weichen mehr gestellt werden.

 

 

So weit meine Erinnerungen in Abstimmung mit den Aussagen meines Vaters zum Betriebsablauf.

Mein Vater und meine Mutter waren beide in F-A-H bei der Bahn beschäftigt, Vater als Beamter, Mutter als Angestellte. Den Dienst machte aber fast ausschließlich mein Vater, nur mittags zwischen 13.15 und 14.30 Uhr machte Mutter Dienst, ich half oftmals Schranken kurbeln, manchmal auch Fahrkarten verkaufen.

Abends beim Güterzug half ich gerne den Rangierern, ich schloss, so wie die letzte Achse die Weichen passiert hatte, die Weichen 15 und 11 ab und lief, so schnell ich konnte, mit den Schlüsseln zum Dienstgebäude, gab den Block zurück, während der Güterzug schon an den Bahnsteig zurücksetzte. Dann übergab ich den Schlüssel an den Zugbegleiter, er und der Rangierer stiegen mit auf die Lok und fuhren ab nach Nordenham.

Mancher Rangierer, besonders aber „Hein Happe“ (ein älterer Rangierer), gab mir von Zeit zu Zeit 50 Pf für meine Hilfe, und ich war sehr glücklich darüber.

 

Weitere Entwicklung

 

Bis 1980 blieb die Strecke trotz regelmäßiger Reduzierung des Fahrplanes seitens der Bahn dennoch erhalten. Zum Sommerfahrplan 1980 wurde dann der Personenzugverkehr eingestellt, die Strecke aber als Rangierbereich zu den großen Betrieben noch erhalten.

Der Rückbau der Anlagen ging zügig vonstatten, Bahnsteig und Empfangsgebäude wurden noch 1980, die Gleisverbindung zwischen Felten und dem Anschlussgleis zur Preussag wurde kurze Zeit später abgebaut, wobei die Anschlüsse zu beiden Werken noch bestehen blieben.

Der Anschluss zum Feltengelände wurde einige Jahre Richtung „Hauptgleis“ lediglich durch eine Gleissperre gesichert. Das wurde dann auch einer V60 im Jahr ?1985? (Datum geschätzt) zum Verhängnis, einmal nicht aufgepasst und dann das!

 

Noch heute besteht der Anschluss zur Xstrata (ehemals Preussag), der Anschluss zum ehemaligen Felten ist aber seit einigen Jahren nicht mehr vorhanden.

 

Vor 20 Jahren, am 19.08.1990 verkehrte noch einmal ein Personenzug als Sonderzug von Nordenham bis Blexen und zurück anlässlich der Sail in Bremerhaven, um Schaulustige an den Deich nach Blexen oder zur Fähre zu bringen. Dazu gibt es auch einen Film!

 

Seit einigen Jahren ist Eisenbahnbetrieb nur noch bis FAH möglich, da das Gleis ab Werftstraße bis Blexen einem Birkenwald gleicht, lediglich die Bahnübergänge sind noch frei.

 

Nordenham, 31.10.2010,   überarbeitet und erweitert am 15.02.2011, am 29.06.2013 und am 08.09.2013.

Helmut Reins

 

 

 

                   weiter zu einem  ähnlichen Text von der ehemaligen Homepage des MEC-Nordenham